Nach der Diskussionsrunde „Zukunft der Schule und das digitale Lernen„, der ich kürzlich auf der CeBIT beiwohnen durfte, wurde ich vor knapp zwei Wochen überraschend zum siebten European Innovative Education Forum eingeladen. Die Veranstaltung wird jährlich von Microsoft ausgerichtet – wer mich kennt, der weiß, welche Vorbehalte (oder gar Vorurteile?) ich gegenüber dem Softwarehaus hege :-) Die habe ich hinunter geschluckt und mich heute früh auf den Weg nach Berlin gemacht, wo ich dem ersten von insgesamt drei Tagen beiwohnte. Auf dem Programm standen neben einleitenden Worten zwei „Keynotes“ und eine internationale Ausstellung.
Innovative Education Forum: Anthony Salcito
Den Anfang machte Anthony Salcito (Vice President, Worldwide Education, Microsoft Corporation). In seiner Eingangsrede betonte er, dass die heute geknüpften Kontakte sicher das Wertvollste sein würden, was die Teilnehmer aus dem Forum mitnehmen würden. Er betonte mehrfach, dass viele Lehrer hart Arbeit und Leidenschaft in ihren Beruf einbringen und Unterstützung verdienen. In eine ähnliche Kerbe schlugen danach Cornelia Pieper (Staatsministerin im Auswärtigen Amt) und Claudia Zinke (Staatssekretärin für Bildung, Jugend und Familie): Medienkompetenz sei wichtig für das Fortkommen in Europa, Wissen die kritische Ressource, usw. Was Politiker halt zu solchen Anlässen sagen.
Es folgte der Höhepunkt des Tages, zumindest empfand ich es persönlich so: Sugata Mitra (Professor für Technik in der Bildung) präsentierte die Ergebnisse seiner Forschung, des „Lochs in der Wand“ („Hole in the Wall“). Diesem Teil werde ich noch einen eigenen, umfassenden Blog-Eintrag widmen, weil es so interessant war.
Im Anschluss, die nächste Überraschung, durfte ich mit Anthony Salcito (siehe oben) und James Bernard (Worldwide Director, Partners in Learning) ein kurzes Gespräch führen – offenbar nimmt Microsoft Blogger auch als Presse wahr. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob ich dem gefallenen Begriff „influential blogger“ gerecht werde, aber ich fühlte mich geehrt. Also erst einmal „holterdipolter“ in die Pressekonferenz: Ich hatte das falsch verstanden und dachte, die sei nicht nur für mich. Statt mich gleich vorzustellen, hatte ich mich erst einmal hingesetzt und abgewartet – hoffe, das nahm mir niemand übel. Die nächste brachiale Aktion habe ich dann wenigstens angekündigt: Deutsche gelten ja als sehr direkt, und ich fragte gleich, warum Microsoft sich im Bereich Bildung engagiere. Was hätte ein Unternehmen davon? Herr Salcito antwortete, gute Bildung sei ein Grundrecht und Technik könne ein wertvolles Werkzeug dafür sein, setze aber auch Lehrer voraus, die es einzusetzen wissen – die Technik müsse einfach zu bedienen sein. Er sagte aber auch ganz offen, dass Microsoft gerade als Softwarehaus natürlich auf gut ausgebildete, kreative Leute angewiesen sei und daher ein Interesse daran habe, auf sich aufmerksam zu machen. Beide meine Interviewpartner sehen es als notwendig an, sowohl bottom-up durch engagierte und motivierte Lehrer das digitale Lernen voran zu bringen und zu verbreiten, als auch top-down durch die oberen Führungsebenen zu ermöglichen und zu unterstützen.
Jeremy Gittens (Senior Director Startup Business Group), selbst ehemaliger Lehrer, zeigte mir dann kurz den MultiPoint Server. Die Software ermöglicht es, an einen (etwas schnelleren aber handelsüblichen) Rechner mehrere Monitore und Eingabegeräte anzuschließen, die alle eine eigene Arbeitsumgebung darstellen – quasi eine Thin-Client-Architektur ohne eigentliche Clients. Für die gängigen Büroanwendungen wie Textverarbeitung oder ähnliche Programme kann man so kostengünstig viele Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Microsoft möchte hier eine einfach zu bedienende Infrastruktur bereitstellen, auf die andere Anbieter eigene Lernmanagementlösungen aufsetzen können. Eine feine Sache eigentlich.
Innovative Education Forum: Stände
Nun gab es zahlreiche Stände zu besuchen, an denen Schulen aus ganz Europa vorführten, wie sie IT in der Lehre einsetzen. Leider war gar nicht genug Zeit, um sich alles anzusehen, daher hier nur kurze Beispiele: Eine Schule aus der Slowakei zeigte mit „People who I like“, wie man Computer auf sehr unterschiedliche Weise einsetzen kann, um Schülern soziales Verhalten näher zu bringen; in der Schweiz lässt man Foto-Geschichten entwerfen, in denen Computer- und Internetsicherheit thematisiert wird, … Die Vielfältigkeit hat mich überrascht; ich bin gespannt, welche Aktion von der Jury zur besten gekürt wird.
Den Abschluss des Tages bildete dann der Vortrag „Learning from the Students – The Social Web in an Educational Perspective“ von Leonie @bildungsluecke Schlick und Florian @floriansemle Semle. Grundtenor war, dass möglicherweise die Art zu unterrichten überholt sei, dass man von einer Lehrerzentrierung hin zu einer Schülerzentrierung kommen müsse und „Web 2.0 is an interactive way to share and to obtain information when it is currently needed.“ Die zweite Hälfte befasste sich mit einer Studie, welche Art der Hilfestellung Lehrer im Netz häufig suchen und in welchen Web-2.0-Plattformen sie möglicherweise fündig werden. Für EduCamp-gestählte sicher wenig Neues, aber dennoch interessant.
Insgesamt ein hervorragend organisiertes Ereignis, vielen Dank schon einmal an Microsoft! Dass ich das mal sagen würde… :-) Bin gespannt, wie fokussiert auf Microsoft-Produkte die morgigen Workshops werden. Das könnte man einem wirtschaftenden Unternehmen natürlich nicht übel nehmen, trübte aber doch das Gesamtbild ein wenig.