Ich darf demnächst rund 40 Personen im Rahmen des Projekts Digitale Zukunft Lust auf die Arbeit mit digitalen Medien in der Lehre machen. Spannend war es, als ich nach den Rahmenbedingungen fragte, beispielsweise wie der Raum aussähe und mit was er ausgestattet sei: wie und was ich möchte. Ich habe auch beinahe komplett freie Hand, was die inhaltliche Gestaltung oder die Lernform angeht. Wenn ich beispielsweise eine Stunde Onlinephase hätte und drei Stunden Präsenzzeit: kein Problem. Purer Luxus!
Ein paar Ideen dazu habe ich schon. Ich habe etwa selbst keine Lust darauf, alles möglichst „objektiv“ und „ausgewogen“ aufzuziehen, sondern zeichne lieber bewusst und transparent eine rosarote Pony-Welt. Ein Wie-es-sein-könnte macht vermutlich mehr Lust als ein So-beschwerlich-wird-die-Reise. Außerdem werden natürlich digitale Medien in der einen oder anderen Form genutzt werden, wenn’s um digitale Medien in der Lehre geht. Und eigentlich mache ich das ja mit diesem Beitrag schon…
Angenommen, ihr könntet einen halben Tag dafür nutzen, um 40 Personen Lust auf das Arbeiten mit digitalen Medien zu machen: Mich interessiert, welche Ideen euch durch den Kopf gehen. Lasst mir gerne ein paar Kommentare da.
Ich brauche gerade mal wieder frischen Input, und dem Thema Learning Analytics habe ich vor bald zwei Jahren schon einmal mein Interesse bescheinigt. Passt halt auch zu gut für jemanden, der Wirtschaftsinformatik studiert hat und sich nun in der Lehr-Lern-Welt tummelt. Ich bin neugierig, was sich aus dem Feld alles herausholen lässt, um sich beispielsweise als Lehrender besser auf Lernende einstellen zu können — oder um ihnen gleich digitale Umgebungen zur Verfügung zu stellen, die sie beim Lernen unterstützen.
Bei dem Thema spielen viele Aspekte eine Rolle, etwa Recht (Was darf ich?), Moral (Was sollte ich?) oder Didaktik (Wie hilft das beim Lernen und Lehren?). Ich schaue mir aber erst einmal die Technik an: Wie funktioniert das (genau)? Da habe ich gerade am meisten Lust drauf und mich kurzerhand für den kostenlosen Online-Kurs „Machine Learning“ angemeldet, der am 7. November auf Coursera startet. Ich werde also etwas über das Lernen lernen, wenngleich nicht das menschliche. Wer Lust hat, kann sich ja auch einschreiben!
Ihr mögt schon darüber gestolpert sein oder auch nicht: Die Bundesregierung redet viel über die Bedeutung des Internets und dessen Potenziale, scheint aber in meinen Augen viel dafür zu tun, um genau die brach liegen zu lassen oder gar zu blockieren. Ein Beispiel dafür sind die anstehenden Änderungen im Telemediengesetz zur WLAN-Störerhaftung. Entgegen aller Beteuerungen sehe ich darin keine Verbesserung der gegenwärtigen Situation rund um offenen Netzzugang, sondern das Gegenteil — mit all seinen Auswirkungen auch für Bildung und Wissenschaft.
Nun lässt sich viel Jammern und Bloggen, aber auch etwas dagegen tun. Wie beispielsweise Anja Lorenz greife ich die Kampagne der Initiative Freifunk auf und wende mich an die Bundestagsabgeordneten aus meinem Wahlkreis. Um überhaupt Beachtung zu finden, muss das wohl auf dem Postweg stattfinden. Hachja. Als Erleichterung stellt die Initiative daher einen Brief-Generator zur Verfügung, mit dem ihr einen entsprechend vorformulierten Text anpassen und dann ausdrucken könnt.
Wie auch Anja habe ich ihm ein paar Zeilen zu meinem beruflichen und persönlichen Standpunkt vorangestellt:
Sehr geehrte Frau Reimann/Sehr geehrter Herr Müller,
ich wende mich an Sie mit der Bitte, dem gegenwärtigen Entwurf der Änderungen im Telemediengesetz in der gegenwärtigen Fassung nicht zuzustimmen. Ergänzend zu den beigefügten Argumenten der Initiative „Freifunk“, die ich uneingeschränkt unterstütze, schildere ich Ihnen kurz meinen beruflichen wie persönlichen Standpunkt.
Ich arbeite in einem Projekt an der Technischen Universität Braunschweig, das eine Verbesserung von Lernen und Lehren zum Ziel hat. Auch wenn diesbezüglich die allgemeine, technische Infrastruktur für den Online-Zugang bei uns nicht thematisiert wird, sehe ich persönlich die rechtliche Entwicklung mit Sorge für den Bildungsbereich.
Die Lebenswirklichkeit von vielen Studierenden sieht anders aus als noch vor wenigen Jahren. Auch wenn ein allgegenwärtiger, offener WLAN-Zugang nicht für alle notwendig erscheint, um darüber an Bildungsangeboten teilhaben zu können, kann die gewonnene Flexibilität vielen zusätzliche Optionen für das Lernen bieten. Auf Seiten von Lehrenden würden zudem Szenarien denkbar, die bisher nicht oder nur schwerlich umsetzbar sind.
Meine Besorgnis reicht jedoch über das Studium und die Hochschullehre hinaus. Gerade für Flüchtlinge, über deren Schicksale gerade allerorts gesprochen und debattiert wird, wäre ein offener WLAN-Zugang zum Internet ein Segen. Nicht nur, dass dieser Weg der einzige ist, um realistisch mit Verwandten Kontakt halten zu können — er bietet umfassende Möglichkeiten, sich zu informieren und beispielsweise die deutsche Sprache besser zu erlernen. Den Zugang zu diesen und weiteren Angeboten durch die geplante Gesetzesänderung massiv zu behindern, lehne ich daher entschieden ab.
Für die Unterstützung der Freifunk-Kampagne müsst ihr natürlich nicht unbedingt selbst etwas texten. Es genügt, den vorformulierten Text an die Bundestagsabgeordneten eures Wahlkreises zu schicken. So ein Brief und ein paar Minuten Aufwand tun euch doch nicht weh, oder?
Update am 22.10.2015 Vorgestern trudelte per E-Mail eine Antwort von Carsten Müller ein, die ich an dieser Stelle einfach einfüge.
Sehr geehrter Herr Tacke,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 5. Oktober 2015 zum Thema Telemediengesetz/WLAN/Störerhaftung.
Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD ist zu diesem Thema Folgendes vereinbart worden: "Die Potenziale von lokalen Funknetzen (WLAN) als Zugang zum Internet im öffentlichen Raum müssen ausgeschöpft werden. Wir wollen, dass in deutschen Städten mobiles Internet über WLAN für jeden verfügbar ist. Wir werden die gesetzlichen Grundlagen für die Nutzung dieser offenen Netze und deren Anbieter schaffen. Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber ist dringend geboten, etwa durch Klarstellung der Haftungsregelungen (Analog zu Accessprovidern). Gleichzeitig werden wir die Verbraucherinnen und Verbraucher über die Gefahren solcher Netze für sensible Daten aufklären."
Die Digitale Agenda der Bundesregierung vom September 2014 sieht in diesem Zusammenhang vor: "Wir werden die Verbreitung und Verfügbarkeit von mobilem Internet über WLAN verbessern. Dabei werden wir darauf achten, dass die IT-Sicherheit gewahrt bleibt und keine neuen Einfallstore für anonyme Kriminalität entstehen. Daher werden wir Rechtssicherheit für die Anbieter solcher WLANS im öffentlichen Bereich, beispielsweise Flughäfen, Hotels, Cafés, schaffen. Diese sollen grundsätzlich nicht für Rechtsverletzungen ihrer Kunden haften."
Vor diesem Hintergrund hat das Bundeskabinett am 16. September 2015 einen Gesetzentwurf beschlossen, der zuvor bei der EU-Kommission notifiziert wurde und der sich nun im parlamentarischen Verfahren im Deutschen Bundestag befindet. Insofern kann der von Ihnen vorgebrachte Verstoß gegen Art. 12 der E-Commerce-Richtlinie nicht vorliegen, da die EU-Kommission diesen im Rahmen des Notifizierungsverfahrens hätte rügen können bzw. sogar müssen. Hinsichtlich der übrigen von Ihnen angesprochenen Punkte ist die Meinungsfindung innerhalb der Unionsfraktion noch nicht abgeschlossen. Daher haben wir beschlossen, am 16. Dezember 2015 eine Sachverständigenanhörung im Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie durchzuführen, in dem auch die übrigen von Ihnen angesprochenen Themen eine Rolle spielen werden. Dann wird sich zeigen, wie gehaltvoll der vorliegende Gesetzentwurf ist und anschließend werden wir uns mit unserem Koalitionspartner beraten. Ich bin sicher, dass die Gespräche eine für alle Seiten akzeptable Lösung ergeben werden.
Sehr geehrter Herr Tacke, ich werde Ihre Anregungen und Kritik den zuständigen Berichterstattern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zuleiten und sie bitte, diese umfänglich in die Beratungen einfließen zu lassen. Sie können davon ausgehen, dass wir ein offenes Ohr für sinnvolle Verbesserungsvorschläge haben und kein Gesetzentwurf wird am Ende der parlamentarischen Beratungen so verabschiedet, wie er zu Beginn eingebracht worden ist.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen aus Berlin
Carsten Müller