Nachdem ich mich nun einige Zeit in die Thematik Lernen durch Lehren (LdL) und Personalentwicklung eingearbeitet habe und in einer Vorlesung auch bereits erste praktische Erfahrung sammeln durfte (Teil 1, Teil 2 und Teil 3), habe ich meinem Chef am Montag mein Dissertationsvorhaben vorgestellt – und er hat sich dazu bereit erklärt, es zu betreuen. Der vorläufige Arbeitstitel lautet: „Lernen durch Lehren in der beruflichen Weiterbildung“.
Mein Ausgangspunkt ist der sogenannte „War for Talent“, der sich speziell im Bereich der Wissensarbeit verschärft. Vereinfacht gesagt, fehlt es an Fachkräften und schon heute können recht viele Unternehmen in Deutschland freie Stellen nicht mit geeigneten Mitarbeitern besetzen. Einige müssen daher gar Aufträge ablehnen. Die demographische Entwicklung legt nahe, dass sich dieser Zustand zukünftig noch verstärken wird und man sich dagegen wappnen muss. Unternehmen stehen hier vor einer „Make or Buy“-Entscheidung. Sie könnten einerseits verstärkt neue „Talente“ anwerben, aber da der Personalmarkt offenbar hart umkämpft ist und selbst sinnvolle staatliche Eingriffe nicht unmittelbar wirksam würden, wäre das kein einfaches Unterfangen („War, huh, yeah, what is it good for?“). Sie könnten sich aber auch dazu entschließen, auf dem Papier geringer Qualifizierte oder ältere Arbeitnehmer einzustellen und sie gemeinsam mit den bereits vorhandenen Mitarbeitern weiterzubilden, so dass alle ihr fachliches Wissen aktuell halten, ihre persönlichen, sozialen und methodischen Kompetenzen ausweiten und die offenen Aufgaben übernehmen können. In diesem Zusammenhang wird von Berufspädagogen eine Abkehr von traditionellen Lehrkonzepten hin zu handlungsorientierten Herangehensweisen gefordert, um Passivität beim Lernen zu vermeiden und eine selbständige Informationserarbeitung zu fördern. Und genau hier stellt sich mir die Frage, ob LdL über die Schule und Hochschule hinaus auch in der beruflichen Weiterbildung sinnvoll eingesetzt werden kann.
Das könnte man vorschnell mit „natürlich“ beantworten, wenn man selbst erlebt hat, wie LdL funktioniert – aber ganz so eindeutig ist es vermutlich nicht. Die individuellen Voraussetzungen und Bedürfnisse der Teilnehmer beruflicher Weiterbildungsangebote sind andere als bei Schülerinnen, Schülern oder Studierenden, die Gruppenstrukturen und -prozesse können unterschiedlich sein, es gibt vielfältige Themenfelder und vor allem sind die Rahmenbedingungen in Unternehmen nicht vergleichbar, so dass es für die Einsatzmöglichkeit von LdL sicher Grenzen gibt. Und genau diese möchte ich ausloten und am Ende einen theoretisch-konzeptionellen Rahmen entwickelt haben, wie Lernen durch Lehren in der beruflichen Weiterbildung genutzt werden kann. Um möglichst realitätsnah zu sein, wir er jedoch durch eine gegenstandsbezogene Theoriebildung gestützt werden.
Ich halte euch auf dem Laufenden…
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das funktioniert. Warum nicht? Auf dem ersten Educamp hat – wenn ich mich recht erinnere, ohne es erneut anzusehen – Jean-Pol auch in einem Video ein Statement zum Kontext Corporate Learning fallen lassen:
http://www.youtube.com/watch?v=SunpdbwV3HA
@Christian
Ich kann mir auch gut vorstellen, dass das gut klappt. Aber dennoch ist der Rahmen schlicht ein anderer, weshalb man sich das anschauen sollte. Genaue Aussagen kann ich noch nicht machen – sonst wäre ich ja schon fertig :-) Da gäbe es aber das Problem, dass Weiterbildung oft nur punktuell und nicht kontinuierlich über einen längeren Zeitraum stattfindet, dass die Gruppenzusammensetzung zeitlich nicht stabil sein muss, dass Erwachsene und speziell Ältere eine viel umfangreichere Lernbiografie aufweisen, dass man nicht wie ein Prof. frei ist in seiner Methodenwahl, sondern immer jemand mitzureden hat, Unternehmenskulturen könnten Einfluss haben, usw.
Prima.
Es wird funktionieren, wenn….. das Wörtchen „wenn “ nicht wäre.
Leminge sorgen dafür, daß intelligente Entscheidungen entweder
a. nie oder
b. viel zu spät
getroffen werden.