tl;dr: Das bei der Hacks&Tools gezeigte H5P-Proof-of-Concept wird auch ohne Finanzierung zur Serienreife gebracht. Verbiegt euch nicht für andere bis zur Unkenntlichkeit!
Vor ein paar Tagen habe ich im Rahmen der Veranstaltung „Hacks&Tools“ bei einem Förderwettbewerb teilgenommen. Vorgestellt habe ich eine Idee für einen neuen H5P-Inhaltstyp und hatte auch ein „Proof-of-Concept“ zum Zeigen dabei. In der Kategorie, in der ich angetreten war, habe ich nicht gewonnen. Ich bin aber in der Sonderkategorie „Lerninnovation“ für eine Förderung vorgeschlagen worden. Vor der steht noch Papierkram.
Für diejenigen, die nur am H5P-Krempel interessiert sind: Der Inhaltstyp kommt, egal ob ich letztlich gefördert werde oder nicht. Ihr könnt ihn dann kostenlos haben. Die Entwicklung steht und fällt nicht mit dem Geld, auch wenn ich als Freiberufler irgendwie meine Miete bezahlen muss.
Es geht mir in diesem Blogbeitrag um etwas anderes. Um etwas Wichtigeres. Vielleicht lest ihr weiter.
Warum bin ich in der „normalen“ Kategorie durchgefallen? Es galt, einen Antrag zu schreiben. Das ist Gang und Gebe und auch bei anderen Förderungen so. In dem Antrag bin ich wissentlich nicht auf alle Kriterien eingegangen, die in der Förderrichtlinie vorgegeben waren. Diese Kriterien wurden aber von einer Jury in einer Checkliste abgehakt, und wer nicht genug Punkte bekam, war raus. Und wenn das das gewünschte Prozedere ist, ist das auch vollkommen in Ordnung für mich. Es entscheiden die Entscheider:innen, wofür und wie sie Geld ausgeben möchten.
Was ich aber nicht mache: Antragslyrik verfassen. Ich versuche nicht, krampfhaft alle gewünschten Punkte in abstrusen Formulierungen und Floskeln abzudecken – schon gar nicht, wenn mein Vorschlag sie gar nicht abdeckt. Ich versuche nicht, das Blaue vom Himmel zu versprechen, wenn ich es selbst nicht sehe. Ich versuche nicht, einer Jury etwas zu erzählen, weil ich glaube, dass sie es hören will. Und deswegen bin ich auch durch das Raster gefallen. Völlig okay.
Zusätzlich zum Antrag gab es noch den „Pitch“, in dem man sein Projekt kurz vorstellen sollte. So etwas ist ja auch bekannt. An Hochschulen kennt man dazu oft stocksteife Vorträge, anderswo auch durchchoreographierte und durchgestylte Inszenierungen. Um zu beeindrucken. Um zu verkaufen. Das ist pragmatisch wichtig (Gunter Dueck nennt es innerhalb der „Professionellen Intelligenz“ AQ), aber nicht meins. Ich habe auf der Bühne meine nerdigen Witze gemacht, kurz gezeigt, was ich als Proof-of-Concept schon entwickelt hatte und was man damit machen könnte, und am Ende habe ich sogar gesungen. Es passte zum Thema, ich fand es witzig, und vielleicht haben den Gag sogar eine Handvoll Leute im Saal verstanden und sich amüsiert. Ich hatte Lust darauf. Und da war es mit egal, was die Jury davon hält.
Hat also trotzdem geklappt mit einer Förderung. Nicht, weil ich mich für Formulare bis zur Unkenntlichkeit verbogen hätte oder weil ich erzählt hätte, was gehört werden will. Weil in der Jury offenbar Leute saßen, die meine Idee jenseits der Checklisten für förderwillig hielten. Danke! Dafür, nicht für das Geld.
Das wäre anderswo wohl komplett in die Hose gegangen. Es dürfte nämlich eher die Ausnahme sein, dass sich ein Bewertungsgremium ernsthaft mit Projektideen oder den Menschen dahinter auseinandersetzt. Checklisten halt, formale Regeln, … Dann bekomme ich aber lieber gar keine Förderung anstatt Fassadenanträge zu schreiben und irgendeinem Gremium irgendeine Rolle vorzuspielen. Ich freue mich über Förderung, wenn jemand meine Idee für eine gute hält – nicht weil ich jemandem den Bückling mache oder den Sockel poliere, auf dem er oder sie steht. Und es kann immer noch sein, dass ich selbst noch das Handtuch werfe, falls mir der Papierkram (Projektplan, Meilensteine, ich rieche schon ein stumpfes Wasserfallmodell) oder nachträglich die Auflagen (kommt mir bitte nicht mit Förderlogos oder -sprüchen im H5P-Inhaltstyp!) zu viel werden.
Jetzt kommt bestimmt noch irgendwo ein „Man muss es sich ja leisten können!“
“What are your choices when someone puts a gun to your head?“ – „What are you talking about? You do what they say or they shoot you.“ – „WRONG. You take the gun, or you pull out a bigger one. Or, you call their bluff. Or, you do any one of a hundred and forty six other things.” (Harvey Specter, Suits)
Es darf natürlich jede:r selbst entscheiden, wie er/sie sich bei so etwas verhält. Dasselbe gilt bei Bewerbungsverfahren für einen Job, bei der Partner:innensuche, … Es mag unbequem werden, aber man hat immer eine Wahl. Entscheidet selbst, wer ihr sein wollt!
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