Das Spiel Minecraft ist mir schon vor einer ganzen Weile über den Weg gelaufen, und erst in den letzten Wochen habe ich mich ausgiebig damit beschäftigt: Minecraft ist einfach großartig!
Aber einen Schritt zurück: Was ist Minecraft überhaupt? Minecraft transportiert euch in eine 3D-Landschaft, die aus würfelförmigen Blöcken besteht. Diese Welt könnt ihr erkunden. Ihr könnt verschiedene Ressourcen sammeln, zum Beispiel Steine abbauen oder Bäume fällen, um an Holz zu gelangen. Durch Kombination dieser Materialien könnt ihr verschiedene neue Dinge herstellen, etwa Werkzeuge, Nahrungsmittel und vielerlei Gerätschaften – und auch Waffen, denn wenn es zu dunkel wird, tauchen Zombies, Skelette und andere Monster auf, die euch ans Leder wollen.
Konkrete Spielziele gibt es bei Minecraft für all das eigentlich nicht. Die setzt ihr euch selbst. Ihr entscheidet, ob ihr einfach nur durch die Welt streift, Höhlen und verlassene Minenschächte erforscht, Bauwerke errichtet — allein oder mit anderen SpielerInnen – oder euch zusammen auf Wettbewerbe einlasst. Oft dürfte es auf eine Mischung hinauslaufen.
Mehr als eine LEGO-Kiste
Das Spiel als so etwas wie eine virtuelle LEGO-Kiste bietet aber mehr: Ich würde es als offene Gemeinschaft bezeichnen, die sich um Minecraft herum entwickelt hat. Sie fängt schon beim Hersteller an. Entwickelt wurde Minecraft zunächst von nur einer Person, dem Schweden Markus „Notch“ Persson, und zwar agil. Das heißt, dass in regelmäßigen, nicht zu großen Abständen neue Inhalte und Funktionen hinzukommen. Diese Aktualisierungen werden inzwischen von der Firma Mojang gestemmt und wöchentlich herausgegeben. Jeder kann sie sofort ausprobieren und Feedback geben, das die ProgrammiererInnen sofort wieder aufgreifen können. Entwickelt wird Minecraft aber auch jenseits von Mojang. Es gibt zahlreiche Erweiterungen zum Spiel (die MODs), die von anderen erstellt wurden. Darunter befinden sich einerseits viele grafische Modifikationen, die die eher zweckmäßige Optik von Minecraft aufmotzen, aber auch komplexe Änderungen am Spiel mit neuen Inhalten und neuen Funktionen.
Austausch unter allen EntwicklerInnen und SpielerInnen gibt es nicht nur im Netz in zahlreichen Wikis und Foren, sondern auch auch auf Minecraft-Treffen wie der Minecon. Fasziniert davon bin ich, dass dort noch eine weitere Spezies aus dem Minecraft-Kosmos zu treffen ist: diejenigen, die sich um das Spiel herum selbständig gemacht haben. Ich meine nicht VerkäuferInnen von Merchandise, sondern Let’s-PlayerInnen. Was die machen? Die spielen MineCraft, machen daraus Videos und laden sie bei YouTube hoch, und das durchaus unterschiedlich.
Paul Soares Jr. hat beispielsweise eine sehr schöne Tutorial-Reihe namens Survive and Thrive, in der er Schritt für Schritt die Welt von Minecraft erklärt. kurtmac versucht in Far Lands or Bust seit Jahren bis zum Rand einer Minecraft-Welt zu gelangen, weil dort in früheren Versionen des Programm die Far Lands zu finden sind – eine Region, in der die Algorithmen quasi verrückt spielen und wilde Landschaftsformationen erzeugen. Den Weg zum Let’s-Player hat BdoubleO über das Bauen ganzer Landschaften gefunden; Keralis führt durch inspirierende Bauwerke anderer und erstellt oft moderne Bauten, … Speziell diese vier Personen gehören auch zu einer Gruppe, die gemeinsam auf ihrem Mindcrack-Server Welten erschaffen, besondere MODs ausprobieren oder sich im Ultra-Hardcore-Modus gegenseitig beharken.
Lernen mit Minecraft
Ebenso für LEGO sinnvolle Einsatzszenarien in der Lehre finden lassen, gilt das auch für Minecraft. Es scheint mir allerdings so, als ob es derzeit überwiegend in der Schule genutzt wird, beispielsweise um literarische Szenen nachbauen zu lassen. In Schweden hat eine Schule Minecraft sogar als Multifunktionswerkzeug für verschiedene Fächer eingeführt. An Universitäten gibt es deutlich weniger Fundstücke. Gestoßen bin ich in Deutschland zwar auf ein Projekt der Uni Koblenz, aber dreht sich um Edutainment für Kinder. In Australien gab es allerdings eine Uni, die (notgedrungen) sogar einige Veranstaltungen virtuell in Minecraft abgehalten hat, da ihr Campus überflutet war.
Ich habe mich nun gefragt, ob es an der Universität wirklich keine sinnvollen Szenarien gibt, in denen sich Minecraft gewinnbringend nutzen ließe. Diese Frage kann ich gar nicht selbst beantworten. Es gibt so viele Fächer, die alle unterschiedlich „ticken“, da bin ich überfragt. Als multipler Fachlaie kann ich mir zumindest verschiedene Dinge vorstellen:
Architektur
Liegt für mich zumindest nahe, denn dort werden sowieso Gebäude und Landschaften modelliert. Warum nur auf Holz, Papier oder andere althergebrachte Materialien zurückgreifen? In den USA hat jedenfalls ein Student seinen Campus bereits in Minecraft nachgebaut.
Informatik
Kann ich mir in bestimmten Bereichen vorstellen. Wer in Minecraft einen Prozessor nachbauen kann, auf dem sogar ein Hello World! abläuft, hat vermutlich vom Stoff auch etwas verstanden.
Soziologie
Ich habe vom Chain-World-Projekt gelesen, das Minecraft um ein paar simple Regeln jenseits der IT ergänzt hat: Wer in der Welt das Zeitliche segnete, durfte nicht mehr weiterspielen und musste seinen Spielstand kommentarlos an einen anderen Spieler/eine andere Spielerin weitergeben. Über die in der Welt zu findenden Artefakte sollten Mythen oder eine Art Religion entstehen.
Was denkt ihr darüber? Kinderkram, der nichts in der „seriösen“ Universität zu suchen hat? Vielleicht doch? Welche Szenarien fallen euch noch ein?
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