Wenigstens ein bisschen mehr Klarheit im Urheberrecht

Das deutsche Urheberrecht ist kompliziert. Das macht es für Lehrende nicht einfach, wenn sie ihren Lernenden Material zur Verfügung stellen möchten, das nicht unter freien Lizenzen steht. Der Paragraph, der da überhaupt ein wenig Spielraum bietet, ist bisher nur eine befristete Ausnahmeregelung und obendrein vage. Die Rede ist von §52a UrhG. Dort heißt es im ersten Absatz:

Zulässig ist, […] veröffentlichte kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften zur Veranschaulichung im Unterricht an Schulen, Hochschulen, nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie an Einrichtungen der Berufsbildung ausschließlich für den bestimmt abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern […] öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies zu dem jeweiligen Zweck geboten und zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist.

Es gibt zu dieser Passage viele Unklarheiten und streitige Punkte. Was sind denn „kleine Teile“? Was heißt „zugänglich machen“? Was bedeutet „zur Veranschaulichung“? Dazu hat nun der Bundesgerichtshof ein Urteil gesprochen hat, das bei diesen drei Punkten Klarheit bringt.

1. Was sind kleine Teile?

Sofern alle anderen Anforderungen gegeben sind, etwa dass wirklich nur UnterrichtsteilnehmerInnen Zugang haben, können bis zu 12 %, maximal aber 100 Seiten eines größeren Werkes bereitgehalten werden. Das gilt als kleiner Teil – wie auch immer diese Größen zustande gekommen sind. Explizit vorausgesetzt wird jedoch, dass vom Rechtsinhaber keine angemessene Lizenz für die Nutzung angeboten wurde. Was darunter zu verstehen ist, ist leider immer noch unklar. Die Entscheidung darüber wurde vom Bundesgerichtshof an das Oberlandesgericht in Stuttgart zurückverwiesen. Offen bleibt meines Wissens allerdings auch, wie zu verfahren ist, wenn mehrere Kurse dasselbe Werk benutzen. In diesem Fall könnten im Lernmanagementsystem einer Hochschule in Summe mehr als 12 % oder 100 Seiten zusammenkommen.

2. Was heißt zugänglich machen?

Eine der Funktionen, die im Lernmanagementsystem der TU Braunschweig am häufigsten genutzt wird, ist das Bereitstellen von Dateien. Ich vermute, an anderen Hochschulen ist das ähnlich. Typischerweise handelt es sich dabei um Dokumente wie Präsentationsschaubilder oder wissenschaftliche Artikel, die als PDF-Dateien zum Download angeboten werden und von Studierenden weitergegeben oder ausgedruckt werden können. Es war bisher strittig, ob das unter zugänglich machen zu verstehen war. Das Oberlandesgericht in Stuttgart befand, damit sei lediglich die Möglichkeit gemeint, Inhalte am Bildschirm anzuzeigen. Glücklicherweise teilt der Bundesgerichtshof diese Ansicht nicht. Kleine Teile von Werken dürfen also weiterhin auch zum Download angeboten werden.

3. Was heißt zur Veranschaulichung?

Mit Veranschaulichung ist nach dem Urteil des Bundesgerichtshof nicht bloß erlaubt, die konkreten Inhalte zu illustrieren, die im Unterricht behandelt wurden. Das bereitgestellte Material darf den vorgestellten Stoff auch ergänzen.

Fazit

Das Urheberrecht bleibt umständlich und hinderlich für die Lehre, aber immerhin gibt es ein wenig mehr Klarheit. Das ist doch schon erfreulich.

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